5 Mythen rund ums Lektorat deines Selfpublishing-Projekts
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5 verbreitete Mythen rund ums Lektorat – und warum es gar nicht so schlimm ist

Gerade wenn du die Veröffentlichung deines ersten Romans noch vor dir hast, kann das Thema Lektorat erst einmal Bauchkribbeln verursachen. Vorfreude einerseits, aber auch etwas Nervosität … Immerhin gehst du jetzt den nächsten Schritt mit deinem Selfpublishing-Projekt. Vielleicht versteckt sich in all dem Kribbeln auch ein wenig Angst vor diesem Schritt. Vielleicht kommen dir plötzlich Bedenken. Aber was ist, wenn …

Denn immer mal wieder hört man sie: Mythen rund ums Lektorat, Vorstellungen, die gar keine Schmetterlinge auslösen, sondern Bauchschmerzen. Vielleicht hast du sogar von anderen Autor:innen die eine oder andere „Horrorstory” gehört. Oder jemand kannte mal eine Person, die wiederum jemanden kannte, der …

In diesem Beitrag schauen wir uns gemeinsam weit verbreitete Mythen rund ums Lektorat deines Selfpublishing-Projektes an – und warum du dir keine Sorgen diesbezüglich machen brauchst.

Lektorats-Mythos 1: Die Lektorin wird meinen Stil komplett verändern

Du gibst deinen Text in fremde Hände, möglicherweise zum ersten Mal. Vielleicht hat eine gute Freundin oder dein Bruder über dein Rohmanuskript drübergelesen, vielleicht hast du bereits in einer Testleserunde Feedback bekommen. Und plötzlich soll eine komplett fremde Person deinen Text nicht nur lesen, sondern bearbeiten. Kritisieren. Auseinandernehmen. Was ist, wenn die ganz andere Vorstellungen davon hat, was ein guter Roman ist? Was ist, wenn dich die Person einfach nicht versteht, wenn sie deinen Stil nicht mag, dir ihren eigenen Stil überstülpen will, den Roman komplett an sich reißt …

Tief durchatmen! Einmal losgetreten, ist so eine Gedankenspirale gar nicht so leicht zu durchbrechen, ich weiß. Halte dir vor Augen:

Es ist dein Roman – und es bleibt dein Roman!

Professionelle Dienstleistende arbeiten nicht gegen dich, sondern mit dir. Die Lektorin erkennt deinen Stil und wird dir mit ihrem Fachwissen helfen, deine persönliche Erzählstimme noch deutlicher zum Klingen zu bringen. Deine. Nicht die von jemand anderem, erst recht nicht ihre eigene. 

Dabei bleibt es natürlich nicht aus, dass sie Änderungsvorschläge macht, einzelne Wörter oder ganze Absätze gestrichen oder umgestellt werden können, dass es einen anderen Ausdruck gibt, der an der Stelle noch besser passt … Doch wenn du dich darauf einlässt, wirst du sehen: Nach einem guten Lektorat ist nicht etwa dein Schreibstil komplett umgekrempelt – nach einem guten Lektorat steht auf dem Papier deine Geschichte, wie sie sein soll. Genau so, wie du sie erzählen wolltest. Ich als Lektorin habe dir nur dabei geholfen, das zu erreichen.

Lektorats-Mythos 2: Ich muss alles machen, was der Lektor sagt

Du bekommst dein Manuskript zurück und arbeitest dich nach und nach durch die Änderungen und Kommentare … Aber heißt das, du musst jetzt wirklich alles annehmen? Auch wenn dir dein Lektor ausgerechnet im Lieblingssatz eine Anmerkung hinterlassen hat? Auch wenn du mit einem Kommentar erst mal gar nichts anfangen kannst? Du zögerst, schiebst das Weitermachen auf, würdest das Dokument am liebsten schließen … Eigentlich möchtest du diese eine Stelle so lassen – aber „darfst” du das so einfach?

Klar darfst du! Es ist und bleibt dein Roman. Das bedeutet auch: Du triffst die Entscheidungen für deinen Text. Auch die Entscheidung, eine Änderung nicht anzunehmen oder einen Vorschlag nicht umzusetzen. Dafür musst du dich nicht rechtfertigen oder erklären, und professionelle Dienstleistende werden es auch nicht persönlich nehmen. Das ist Teil unseres Jobs.

Dennoch möchte ich dich an dieser Stelle ermutigen: Lasse dich erst einmal drauf ein und sei offen für die Vorschläge. Im Lektorat mache ich einen Vorschlag aus einem bestimmten Grund – und weiß, dass dein Text davon profitieren würde. Wenn du über eine Sache die Stirn runzelst und die Änderung am liebsten direkt ablehnen würdest: Warte noch ein bisschen. Lasse den Kommentar erst mal stehen, mach woanders weiter, schlaf eine Nacht drüber. Probiere es einfach mal aus mit der Änderung. Was wäre, wenn …

→ Was wäre, wenn an dem Kommentar doch etwas dran ist? Oder dir sogar noch eine ganz andere Möglichkeit einfällt?

Lektorats-Mythos 3: Lektorat ist eh reine Geschmackssache

Ja okay, denkst du, offen sein für die Vorschläge, die Geschichte besser machen, schon klar … Aber ist es nicht einfach Geschmackssache, wie viele Adjektive du benutzt? Wenn die Lektorin sagt, dass deine Hauptfigur hier unnatürlich reagiert, hat sie die Geschichte dann einfach nicht verstanden? Und überhaupt, Lektorat können ja eigentlich alle machen, die gerne lesen … Oder?

Dieser Mythos über unseren Beruf ist wirklich weit verbreitet – auch unter denjenigen, die sich überlegen, den Beruf vielleicht selbst einmal auszuüben. Die erste Grundvoraussetzung ist natürlich ein gutes Sprachgefühl, das ist klar. Doch als Lektorin habe ich auch ganz konkretes Fachwissen – über Erzähltechniken, Plot-Strukturen, über die Wirkung verschiedener Formulierungen und Stilmittel … Es gibt objektive Kriterien, anhand derer ein Text analysiert und bearbeitet wird. Mein persönlicher Geschmack ist keines dieser Kriterien.

Tatsächlich „lese” ich beim Lektorieren in einem ganz anderen Modus, als wenn ich es mir abends mit einem Buch in meinem Lesesessel gemütlich mache. Ich bin dann ganz bei dir und deinem Text, mit gezieltem, analytischem Blick. Auch in einem Buch, nach dem ich im Buchladen vermutlich nicht greifen würde, kann ich erkennen, was funktioniert, was wirklich gut gemacht ist und wo eine Änderung dem Text gut tun würde …

Und dieses Fachwissen haben Lektor:innen erlernt (ein Germanistik- oder Literaturwissenschafts-Studium ist übrigens nur einer von vielen Wegen, sich die erforderlichen Kenntnisse anzueignen). Wenn wir eine Änderung vorschlagen, dann können wir auch begründen, warum.

Lektorats-Mythos 4: Je mehr Korrekturen im Text, desto schlechter bin ich als Autor:in

In der Schule haben wir die Erfahrung gemacht: Je mehr Rot du auf der Seite siehst, desto schlechter die Note. Eine Eins im Aufsatz bedeutete wenig bis keine Korrekturen, und am Ende stand noch ein Lob unterm Text. Und dann öffnest du dein Roman-Manuskript, nachdem du es aus dem Lektorat zurückbekommen hast – und Seite um Seite siehst du erst mal nur Änderungen, Kommentare, farbige Markierungen … In deinem Gehirn geht die „Schlechte Note!”-Lampe an. Korrektur = Fehler.

Diese Lampe schließt du fürs Lektorat am besten in einen dunklen Schrank – denn so funktioniert ein Lektorat nicht. Wir vergeben beim Lektorieren keine Noten und du bist auch kein:e schlechte:r Autor:in, wenn so-und-so-viele Kommentare im Dokument stehen. Natürlich korrigieren wir deinen Text, natürlich zeigen wir dir Stellen auf, wo etwas nicht funktioniert, der Geschichte im Weg steht oder auch einfach technisch falsch ist. 

Doch auch richtig gute Texte können viele Korrekturen und Anmerkungen enthalten (und hier beginnt es oft, so richtig Spaß zu machen – für beide Seiten): Manchmal ist eine Stelle bereits gut – aber wir wissen, dass du noch mehr herausholen könntest. Manchmal möchten wir dich ein wenig anstacheln, weil wir wissen, dass du dich mehr trauen könntest oder dass du bereits das Handwerkszeug hast, um aus einem guten Text einen großartigen zu machen.

Und zu guter Letzt der nüchterne Fakt: Du bezahlst deine Dienstleistenden schließlich dafür, dass sie etwas Bestimmtes mit deinem Manuskript tun. Ich als Lektorin soll dir helfen, deinen Text besser zu machen. Wie würdest du es finden, wenn es für dich so aussehen würde, als hätte ich in deinem Manuskript gar nichts gemacht?

Lektorats-Mythos 5: Wenn ich eine Testleserunde gemacht habe, brauche ich kein Lektorat mehr

Ein Lektorat ist keine Kleinigkeit, vor allem, wenn du es im Selfpublishing finanziell selbst stemmst. Doch da gibt es deinen Bruder, der viel und gerne liest, die eine Autorin, mit der du dich auf Instagram so gut verstehst, und ein Kollege hat auch ganz enthusiastisch angeboten, dein Buch auf jeden Fall „Korrektur lesen” zu wollen. Reicht es nicht, wenn du das Manuskript einfach diesen Personen zum Testlesen schickst? Du kennst sie, du vertraust ihnen – und mit ihrem Feedback hast du doch quasi bereits ein Lektorat, oder? Wozu da noch jemanden beauftragen?

Testleserunden können super wertvoll sein – ich persönlich bin in meinem Schreiben auch ein großer Fan davon. Aber sie ersetzen kein Lektorat. Und das sage ich nicht, weil ich selbst Lektorin bin.

Wie bereits bei Mythos 3 genauer ausgeführt: Dein:e Lektor:in hat spezifisches Fachwissen und sieht deinen Text durch diese Brille. Dein Kollege, deine Schwester oder dein Twitter-Mutual hat dieses Fachwissen möglicherweise nicht. Testlesende können dich auf viele wertvolle Punkte in deinem Manuskript hinweisen, aber es wird letztendlich doch etwas anderes sein als meine Arbeit als Lektorin. 

Einen anderen Punkt finde ich hier jedoch mindestens genauso wichtig:

Eine Testleserunde kann etwas ganz anderes für dein Manuskript leisten als ein Lektorat!

Testlesende können sich nämlich sehr gut mit deinem Manuskript nach Feierabend in den Lesesessel kuscheln und sich davon verzaubern lassen. Sie sollen das sogar: das volle Leseerlebnis mit deinem Buch auskosten. Wenn es dann an einigen Stellen einfach nicht klappen will mit dem Eintauchen, wenn der Plot sie verwirrt und mit Fragezeichen im Gesicht hinterlässt, wenn keine Spannung aufkommt … Das alles können sie dann an dich zurückmelden. Damit du weißt, wo du nochmal genauer hinschauen kannst in der Überarbeitung – und zwar bevor du den Text ins Lektorat gibst.

Und: Vielleicht findest du in der Testleserunde bereits Menschen, die dein Buch einfach lieben! Testlesende dürfen dich auch einfach nur mit Lob und Begeisterung und Herzchen überschütten. Erstens ist das so, so wohltuend für die Autor:innenseele – und zweitens kann es dir ebenfalls helfen, wenn du noch nicht sicher bist, wer überhaupt deine Zielgruppe ist. Aber das ist ein Thema für einen anderen Blogbeitrag. 🙂


Lange Rede, kurzer Sinn

Das war jetzt ziemlich viel Text, ich weiß. Wir haben uns in diesem Blogbeitrag 5 häufige Mythen rund ums Lektorat angesehen. Manche dieser Mythen beruhen auf „Geschichten”, die uns diffus immer mal wieder begegnen – doch vieles davon liegt in eigener Unsicherheit begründet. Unsicherheit ist übrigens nichts Schlimmes. Wenn es dein erstes Buch ist, dein erstes Selfpublishing-Projekt, dein erstes Lektorat, dann ist es ganz normal, dass die Nerven ein wenig flattern.

Folgende Sätze kannst du dir immer vor Augen halten:

  • Ein Lektorat ist vor allem eine Zusammenarbeit! Es ist nicht: du vs. dein:e Lektor:in – sondern ihr arbeitet gemeinsam daran, alles aus deinem Manuskript herauszuholen.
  • Ich als Lektorin habe dasselbe Ziel wie du: Du möchtest ein großartiges Buch veröffentlichen – und ich möchte, dass du das schaffst! Dabei helfe ich dir, mit allem, was ich als professionelle Lektorin dafür tun kann.

Hi, ich bin Lily …

… und ich bringe mit Lektorat Papiervogel dein Buch zum Fliegen! Als Lektorin und Korrektorin helfe ich Autorinnen und Autoren, mit ihren Geschichten Menschen zu berühren und richtig gute Bücher zu veröffentlichen.

Hast du nach diesem Beitrag Lust bekommen, dein Projekt mit mir gemeinsam anzugehen? Möchtest du mit mir arbeiten?

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